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Concern Universal Colombia (Kolumbien) + Peng!

Concern Universal Colombia

Siobhan McGee, geboren in Wales, Sprachwissenschaftlerin und Entwicklungshelferin
Jaime Bernal geboren in Mariquita, Departament Tolima, Lehrer und Philosoph

Siobhan McGee und Jaime Bernal lernten sich in den 1980er Jahren in einem Projekt in der Stadt Guayabal kennen. Sie arbeiteten mit Menschen, die aus der völlig zerstörten Stadt Amero geflüchtet waren. Ein Lavastrom des Vulkans Nevado de Ruiz war in ein angeblich sicheres Tal geflossen und hatte über Nacht die Stadt unter sich begraben.

Seit Mitte der 1990er Jahre engagierte sich das Paar in der Provinzhauptstadt Ibagué. Projektauftrag war es, in einem von Geflüchteten gegründeten Stadtteil am Rande der Stadt Friedens- und Gemeinwesenarbeit aufzubauen. Jene, die nach der Katastrophe von Amero hierhin geflohen waren, kamen in Konflikt mit den angestammten Bewohnern der angrenzenden Stadtviertel. Gleichzeitig wohnten viele amnestierte Guerilleros in dem Viertel, was zu weiteren Konflikten in der Nachbarschaft führte.

Projektziel war und ist es bis heute, das friedliche Zusammenleben zu fördern und die Lebensbedingungen für alle dort lebenden Menschen zu verbessern. 1998 konnte der erste deutsche Freiwillige einen Dienst für Frieden und Versöhnung in Ibagué leisten und seitdem waren 18 Freiwillige, junge Frauen und Männer, dort im Einsatz. Die Arbeit wurde von Siobhan und Jaime kontinuierlich weiter entwickelt, immer unter der Prämisse, dass nur durch Gerechtigkeit ein tragfähiger Friede auf allen Ebenen möglich ist. In diesem Sinne wurden im Barrio verschiedene Projekte vor Ort ins Leben gerufen: Aufbau von Kinderbetreuung, Seniorenbildung, Kleinstbetriebe, politische Bildung zu den Themen Menschenrechte, Frauenrechte und Kinderrechte sowie Bildungs- und Beratungsangebote für junge Männer die zum Militärdienst eingezogen werden sollten. Diese Projekte bestehen bis heute und werden mit großem Einsatz und Engagement von dem Mitarbeitenden begleitet.

Mittlerweile beschäftigen Concern Universal Colombia, die mit einer Gruppe von 5 Personen begonnen haben, fast 100 MitarbeiterInnen in diversen Projekten. In den letzten 20 Jahren hat Concern seine Reichweite deutlich vergrößern können und arbeitet nicht mehr nur im eigenen Viertel, sondern in vielen Stadtteilen Ibagués und in der gesamten Provinz Tolima. Ein neuer Schwerpunkt ist die Arbeit mit Indigenen Gruppen im weit entfernten Süden der Provinz, deren Kultur auszusterben droht und die immer mehr unter Druck geraten.

Siobhan McGee und Jaime Bernal haben Concern Universal zu einem Angelpunkt im Viertel Tierra Firma gemacht. Dort haben Sie nicht nur ihr Büro und das Gelände der Organisation, sondern sie wohnen dort auch mit ihren Kindern. Ihnen ist es wichtig, keine Programme von „oben herab“ durchzuführen. Ihre Arbeit, ihr Werk – dieOrganisation Concern Universal – ist ihr Lebensprojekt.

Eine besondere Bedeutung erhält die Friedensarbeit von Concern Universal Colombia seit der Unterzeichnung des Friedensvertrages mit der FARC, da das ganze Land in eine Postkonfliktphase eingetreten ist und nun konkrete Versöhnungsarbeit auf allen Ebenen der Gesellschaft gefordert ist. Dies wird zunehmend erschwert, durch die stockende Umsetzung des Friedensvertrages durch die Regierungsseite. Besonders die indigenen Bevölkerungsgruppen und Menschenrechtsverteidiger geraten in Kolumbien unter Druck. Das Machtvakuum, das durch den Rückzug der FARC entstanden ist, wurde u.a. durch rechte Paramilitärs und kriminelle Banden aberauch durch die ELN ausgefüllt. Der Staat ist weiterhin in vielen Regionen Kolumbiens nicht anwesend und beschützt seine Bürger nicht. Allein im Jahr 2017 sind weit über 100 Aktivistinnen und Aktivisten für Menschenrechte in Kolumbien getötet worden. Dabei geht es vor allem um den Zugang zu Land und Bodenrechten sowie um die Verdrängung indigener Gruppen durch Paramilitärs, deren Existenz von Seiten der Regierung nicht zugegeben wird.

Umso wichtiger ist die Arbeit von Menschen wie Siobhan McGhee- Bernal und ihrem Mann Jaime Bernal, die sich seit den Anfängen ihres Engagements der Friedens- und Menschenrechtsarbeit verschrieben haben. Hier ist besonders die Beteiligung von Jaime Bernal am Friedensprozess auf der Ebene der Provinz (Friedenstisch – Mesa por la paz) und auf nationaler Ebene (Nationales Netzwerk in Demokratie und Frieden – Red Nacional en Democratia y Paz) hervorzuheben.

Die regionale Friedenskommission dient als Unterorgan der Comisión de Conciliación Nacional (CCL), also der nationalen Friedenskommission. Diese wurde als Ort der Zivilgesellschaft eingerichtet, um sich für Versöhnung und Frieden in dem Land einzusetzen, das seit über 50 Jahren von einem Bürgerkrieg erschüttert wird.

„Frieden ist ein lebendiges Miteinander. Versöhnung und Frieden muss im Alltag jedes Einzeln lebendig werden: In der Nachbarschaft, in der Schule, im Kiosk um die Ecke, im öffentlichen Nahverkehr, in der Bar, der Eisdiele und auf der Arbeit“ (Jaime Bernal, Concern Universal).

Siobhan McGee und Jaime Bernal von Concern Universal sehen den Weg hin zum Frieden in der Stärkung der Menschen, weshalb die Organisation den Schwerpunkt auf das Empowerment verschiedener marginalisierter Bevölkerungsgruppen unterstützt, wie Siobhan Mcgee wiedergibt: „Man muss zuerst lernen, ein demokratischer Bürger zu sein und der Rest kommt von alleine. Sich bewusst zu machen, dass man Bürger ist, ist ein wichtiges Erfordernis für die Menschen Kolumbiens in der Zeit des Postkonfliktes. Denn durch diese Einstellung wird den Menschen erst bewusst, dass sie sich im Prozess des Aufbaus befinden. Nur Bildung schafft dieses Bewusstsein, und zwar im gesprochenen und geschriebenen Wort, sowie durch Taten. Bildung schafft jene Kultur, die nach der Kurve des Glücks sucht, nach Frieden strebt und Konflikte löst.

Jaime Bernal über sein Verständnis von Frieden: „Die Gemeinde in Tierra Firme, die Organisation Concern Universal und ich als Person haben sich immer schon in der Pflicht gesehen, beim Aufbau von Frieden und bei der Verteidigung der Menschenrechte zu helfen. Das geschah und geschieht aus dem Glauben heraus, dass „das Leben
es wert ist, zusammen an etwas zu arbeiten. In der heutigen Zeit bedeutet dies konkret, dass wir die direkte Gewalt, den Krieg, die sozialen Konflikte und die bedrückende Armut hinter uns lassen müssen. Wir brauchen eine Entwicklung für soziale Gerechtigkeit, für zivile, politische, wirtschaftliche, soziale und kulturelle Menschenrechte.
Sie muss nachhaltig sein und von der Bevölkerung selbst organisiert werden.“

Peng!

Seit mehr als fünf Jahren sind sie mit Mut, Kreativität und Humor unterwegs. Immer wieder kann man in den Medien und im Internet die Aktivitäten der Gruppe verfolgen.

Peng! ist eine Gruppe von Künstlern, Aktivisten, Handwerkern und Wissenschaftlern aus Berlin. „Peng! ist ein explosives Gemisch aus Aktivismus, Hacking und Kunst im Kampf gegen die Barbarei unserer Zeit“, schreibt die Gruppe auf ihrer Website über sich selbst. Sie infiltrierten mit falschen Identitäten mehrmals Veranstaltungen als Akt zivilen Ungehorsams. Sie arbeiten beispielhaft mit ihren künstlerischen und technischen Ideen für eine andere, gerechtere und friedliche Welt. Sie prangern Ungerechtigkeit an und wenden sich gegen Krieg und Militarisierung sowie die Verführung junger Menschen für den Kriegsdienst durch die Bundeswehr, ohne ihnen die Gefahren und Risiken zu vermitteln.

Und nochmals Peng! über sich selbst: „…Wir nutzen medienwirksame Wunderwaffen für radikale Botschaften. Peng! ist der Antagonist von Werbeagenturen großer Konzerne. Wir entlarven dreckige Geschäfte, die sich unter hochglänzender Werbung versteckt. Wir hinterfragen die Selbstdarstellung von Konzernen, politische Propaganda und konventionelle Mentalitäten mit subversiven Aktionen und zivilem Ungehorsam. Wir erkunden kreative Methoden für mutigen Protest und bestärken Zivilgesellschaft und etablierte NGOs darin, ihr konventionelles Campaigning um neue Werkzeuge zu erweitern…“

Einige ihrer Kampagnen, die in jüngster Zeit gestartet sind:

Wir haben der Waffenindustrie den Krieg erklärt
80% der Bevölkerung sind gegen Rüstungsexporte. Deshalb haben wir in drei Aktionen der deutschen Waffenindustrie den Kampf angesagt und 1. ihre politischen Unterstützer*innen enttarnt, 2. ihren Ruf ruiniert und 3. sie an die Öffentlichkeit gezerrt. Im Oktober 2016 trafen wir zufällig den damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) im Zug und baten ihn, das Thema Kleinwaffenexporte zum Wahlkampfthema zu machen. Sechs Monate später hat sich die SPD immer noch nicht klar zu dem Thema positioniert, deshalb haben wir es in die Hand genommen, dem Thema Aufmerksamkeit zu widmen. Gemeinsam mit dem Schauspiel Dortmund haben wir über sechs Monate eine Kampagne entwickelt und überlegt, wie man die öffentlichkeitsscheue Waffenbranche demaskieren und eine Debatte über deutsche Waffenexporte anstoßen kann. Dabei entstanden drei Aktionen:
eine CDU Kampagne gegen Kleinwaffenexporte , ein Rückruf aller Heckler & Koch Waffen in den USA und die Verleihung des Friedenspreis der Waffenindustrie: https://pen.gg/de/campaign/artikel26/

CDU-Petition (Bildrechte: Jessica_Graeber)

Ein Gesetz gegen Waffenexporte für den Bundestag
Im Artikel 26 des Grundgesetz ist Deutschlands Verpflichtung zum Frieden verankert. „Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig.“ Doch der Geist des Grundgesetzes wird von der laxen und intranspartenten Genehmigungspraxis von Rüstungsexporten verraten. Deutsche Waffen sind in fast allen Krisenregionen der Welt im Einsatz. Damit werden die Profite der Waffenindustrie vor dem friedenspolitischen Anspruch des Grundgesetzes und vor jegliche humanitären Werte gestellt. Wir brauchen ein starkes Bundesgesetz, das Rüstungsexporte reguliert.
Deshalb haben die Peng! Aktivisten fünf Gesetzesentwürfe geschrieben, um das Kriegswaffenkontrollgesetz zu einem wirksamen Instrument gegen die einflussreiche Waffenlobby zu verwandeln. Sie starteten eine Befragung im Internet. Die Abstimmung lief über sechs Wochen. Wenn ihr bei den Ergebnissen auf die jeweiligen Gesetzestexte klickt, könnt ihr die originalen Texte lesen: https://pen.gg/de/campaign/artikel26/

Wie wollen wir das Kriegswaffenkontrollgesetz verbessern?

  1. Volles Verbot (Gesetzestext) (56%, 1.062 Votes)
  2. Verbot der Ausfuhr von Kriegs- und Kleinwaffen in Drittstaaten ohne Ausnahme (Gesetzestext) (23%, 429 Votes)
  3. Verbot der Ausfuhr von Kriegs- und Kleinwaffen in Drittstaaten mit Ausnahme der Positivliste vom Bundestag (Gesetzestext) (17%, 326 Votes)
  4. Volles Verbot der Ausfuhr von Kleinwaffen, aber alles andere möglich (Gesetzestext) (0%, 9 Votes)
  5. Alles möglich, wenig Chance auf Ausfuhr in Drittstaaten plus Negativliste von Drittstaaten plus Endverbleibskontrolle (Gesetzestext) (4%, 70 Votes)
  6. Alles bleibt, wie es ist (Gesetzestext) (0%, 3 Votes) / Total Voters: 1.899

Peng! und Schauspiel Dortmund fordern Exportstopp von Kleinwaffen
Im Namen der CDU Wählerbasis forderte das Peng!-Kollektiv mit einer Petition Bundeskanzlerin Angela Merkel dazu auf, sich für einen Exportstopp von Kleinwaffen einzusetzen. Die Petition wurde schon am ersten Tag über 500 mal unterzeichnet.
„Angesichts der alarmierenden Entwicklung der deutschen Rüstungsexporte hielten wir es für angemessen, die CDU an ihre christlichen Wurzeln und den im Grundgesetz verankerten friedenspolitischen Anspruch zu erinnern.“ sagt Jessica Gräber, Sprecherin des Kollektivs. „Und auch wenn jetzt offenbar geworden ist, dass die Aktion nicht von der CDU Wählerbasis initiiert wurde, möchten wir weiterhin dazu aufrufen, die Petition zu unterstützen, denn das Thema ist aktuell wie nie.“ Das sehen nicht nur das Peng! Kollektiv und Schauspiel Dortmund so. Zwei wichtige christliche Organisationen haben sich jetzt dem Aufruf angeschlossen:
Pax Christi und Ohne Rüstung Leben.
„Kleinwaffen gelten als die Massenvernichtungswaffen der Gegenwart. Sie verursachen“, so der prominente Rüstungsgegner Jürgen Grässlin (Aachener Friedenspreisträger 2011), „etwa 90 Prozent aller Kriegsopfer weltweit.“ Mit Herstellern wie Heckler & Koch besetzt Deutschland eine prominente Position auf dem Weltmarkt von Kleinwaffen.
„Ein generelles Verbot von Kleinwaffenexporten wäre ein starkes Signal, dass die neue Regierung Ethik und Moral vor Profitinteresse zur Grundlage ihrer Waffenexportpolitik erhebt.“ so Jessica Gräber, Mitglied des Peng!-Kollektiv.

Peng! gegen skrupellose Vermieter Die Rückkehr der Entmieteten. (Nov. 2017)
Die Entmieteten kehren zurück, um diejenigen zu plagen, die sie auf die Straße gesetzt haben. Mit einem Bot riefen Peng!-Mitglieder zwei Wochen lang bei skrupellosen Entmieter*innen an und haben sie mit den Geschichten der Verdrängten konfrontiert: : https://pen.gg/de/campaign/hauntedlandlord/ Wo Profitmaximierung durch Aufwertung lockt, greifen viele Immobilienfirmen und Hauseigentümer*innen zu skrupellosen Mitteln, um sich ihrer alten Mieter*innen zu entledigen. Entmietungen sind unmenschlich und hinterlassen tiefe Spuren in den Leben der Betroffenen. Viele dieser Geschichten gehen unsichtbar über die Bühne und die Betroffenen bleiben mit den Problemen und ihrer Wut alleine zurück. Während Eigentümer*innen sich bereichern, werden Menschen durch Wohnungsnot in dramatische Lebenskrisen gestürzt und das soziale Geflecht von ganzen Stadteilen zerstört. Zwei Wochen lang riefen wir mit einem Bot auf den Büro- und Privatnummern besonders skrupelloser Immobilienfirmen und Hauseigentümer*innen an und konfrontierten sie mit den Schicksalen der von ihnen verdrängten Menschen. Die Geister der Vergangenheit kehrten zurück, um ihre ehemaligen Vermieter*innen heimzusuchen.

Bundeswehr-Hack
Am 23. November 2015 startete das Kollektiv eine bundesweite Gegenkampagne zur Bundeswehrwerbung der Agentur Castenow. Sie bauten eine Mock-up-Website mit einem ähnlich klingenden Domain-Namen, auf der vor den Gefahren des Krieges und der Bundeswehr gewarnt wurde, anstelle wie auf der Originalseite dafür zu werben, bei der BW zu arbeiten.

Noch viele weitere Kampagnen und Aktivitäten des Kollektivs finden sich unter https://pen.gg/de/kampagnen/

 


Ansprache von Christoph Kriescher
Dankesrede von Concern Universal Colombia
Dankesrede von Peng!

Fotostrecke

Fotos von Gary Evans