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Das Ehepaar Lohmeyer und das Musikfestival »Jamel rockt den Förster« (Deutschland)

Horst & Birgit Lohmeyer beim Festival Jamel rockt den Förster
copyright: Jamel rockt den Förster / forstrock.de

Seit dem Jahr 2007 engagieren sich Birgit und Horst Lohmeyer aktiv und lautstark für Demokratie und Toleranz. In ihrem Heimatdorf Jamel stellen bekennende Nazis inzwischen 95% der Bevölkerung.

Im Jahr 2004 übernahmen die Lohmeyers den am Waldrand gelegenen Forsthof in Jamel im Wismarer Umland. In den Folgejahren zogen nach und nach Familien aus der Rechtsradikalen Szene nach Jamel, begannen das Dorf nach ihrem völkischen Ideal zu prägen, Andersdenkende zu drangsalieren und zu verfolgen.

2007 beschlossen die Lohmeyers, mit öffentlichen Veranstaltungen gegen die Abschottung ihres Dorfes und dessen Vereinnahmung durch die Rechtsextremen vorzugehen und öffneten die Türen ihres Hauses und Hofes für dieÖffentlichkeit. Es hieß „Vorhang auf“ für das erste „Jamel rockt den Förster“ Festival auf dem ehemaligen Forsthof in Jamel in Nordwestmecklenburg. Ein kleines, feines Sommerfest für Freund*innen, Verwandte und Kolleg*innen entwickelte sich zu einem ambitionierten gesellschaftspolitischen Projekt.

2015 wurde ein schwerer Brandanschlag auf dem Gelände der Lohmeyers verübt, dem beinahe auch das Wohnhaus zum Opfer fiel. Seitdem hat das Festival massiv an Popularität gewonnen. Aus dem reinen Musikfestival „Jamel rockt den Förster“ ist ein Festival mit gesellschaftspolitischem Informations- und Workshopprogramm, über 3500 Besucher*innen und vielen berühmten Musiker*innen geworden. Die Lohmeyers werden von vielen ehrenamtlichen Helfer*innen, Techniker*innen, Lieferant*innen und den Künstler*innen, die auf ihre gewohnte Gage verzichten, unterstützt.

In einem Interview erklärt Birgit Lohmeyer die Motivation, trotz erheblicher Bedrohung auch weiter in Jamel zu leben und aktiv gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen:
„Trotz aller Widrigkeiten sind wir geblieben. Oder vielleicht gerade deshalb. Unsere neue Heimat wollten wir nicht widerstandslos den Neonazis überlassen. Wir empfinden es als unsere gesellschaftliche Verantwortung, Stand zuhalten gegen die Faschist*innen. Wir sind ehrenamtliche Demokratieaktivist*innen.

In Jamel hat ein Neonazi vor Jahren begonnen, Häuser aufzukaufen, in die dann Gesinnungsgenoss*innen eingezogen sind. Sie inszenieren eine national befreite Zone. Nächtelange Feiern, zu denen hunderte Nazis in unser kleines Dorf einfallen sind keine Seltenheit.
Seit 2007 organisieren wir – mit Hilfe Vieler – öffentliche Kunst- und Kulturveranstaltungen bei uns auf dem Hof. Darunter das Musikfestival „Jamel rockt den Förster“. So kann jede und jeder das Dorf gefahrlos besuchen und mit uns gemeinsam dokumentieren, dass wir weder das Dorf, noch unser Land den Neonazis überlassen werden.“
Eine der größten Bedrohungen für Frieden und Demokratie ist der Rechtsruck in Deutschland und in vielen Ländern Europas. Die Wahlergebnisse der AFD bei der letzten Bundestagswahl und rechtspopulistischer Parteien in anderen europäischen Ländern brauchen einen starken „ demokratischen Gegenwind“.
Das persönliche Risiko, dass Birgit und Horst Lohmeyer eingehen, verdient höchste Anerkennung.
Trotz Widerstands und täglicher Bedrohung geben sie ihren Raum nicht auf und bleiben standhaft. Sie verteidigen Demokratie und Frieden, sind Vorbild und Wegbereiter*innen.