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Aachener Friedenspreis lehnt eine Beteiligung deutscher Soldaten an dem Konflikt in Mali ab

Stellungnahme des Aachener Friedenspreises zum Einsatz deutscher Soldaten in Mali

Der Krieg des malischen Südens gegen den islamistisch besetzten Norden weist deutlich kompliziertere Hintergründe auf, als in unserer Öffentlichkeit diskutiert wird.

Durch militärische Interventionen sind innerhalb von drei Wochen islamistische Besatzer aus drei wichtigen Städten vertrieben worden. Wir teilen die Freude der Bewohner, die grausamer Macht ausgesetzt waren.

Gleichzeitig  möchten wir darauf hinweisen, dass die eskalierenden Konflikte in Mali nicht unabhängig von vorrangig französischen Interessen zu sehen sind.

Der malische Norden ist reich an wichtigen Bodenschätzen. Vor allem große, noch nicht erschlossene Uranvorkommen, aber auch die drittgrößten Goldvorkommen Afrikas und Phosphat  werden von der ehemaligen Kolonialmacht und Atommacht  Frankreich begehrt.

Bis 2012 sorgte eine von Frankreich und vielen westlichen Staaten geduldete korrupte Schein­demokratie ohne echte Legitimation für die Wahrung französischer Interessen.

Anfang 2012 wurde die Regierung durch einen Putsch niedriger Ränge gestürzt. Viele in- und ausländische malische Gruppen hofften auf eine echte Demokratie. Die handfeste Interessenverschiebung sorgte für Irritationen in anderen Scheindemokratien Afrikas und der Sorge Frankreichs vor Einflussverlust in Mali.

So wurde der westlichen Öffentlichkeit ein gefährlicher Militärputsch verkauft.  In Folge wurde sämtliche Entwicklungshilfe gestoppt, es gab ein zweiwöchiges Totalembargo und Mali wurde für einige Monate aus der afrikanischen Union ausgeschlossen.

Durch diese instabile Lage ermutigt, verbündeten sich von Frankreich und Burkina Faso unterstützte Tuareg Rebellen der MNLA des Nordens, viele von ihnen aus Libyen zurückgekehrte Söldner, mit islamistischen Kämpfern, die sich im Norden Malis aufhielten, um den reichen Norden zu erobern. Zudem die reguläre malische Armee kein Gegner mehr war. Seit Monaten gab es keinen Sold mehr, Teile der Armee hatten sich aufgelöst oder den zahlenden Tuareg angeschlossen.

Gleichzeitig entwickelte sich in Mali die sehr breit getragene Idee eines friedlichen Marsches von 100 000 Menschen von Mopti nach Gao, beides nordmalische Städte, um Gewalt und Perspek­tivlosigkeit anzuprangern. Diese Massenbewegung hätte die Islamisten zweifellos in die Defensive gedrängt hätte. Die Idee wurde im Westen kaum bekannt, nicht unterstützt und heruntergespielt.

Die bei uns diskutierte islamistische Unterwanderung Malis ist Teil einer viel komplizierteren Realität.

Der Öffentlichkeit wird erklärt, der Einsatz Frankreichs sei humanitärer Natur und müsse durch Natofreunde unterstützt werden. Doch die Ursache des derzeitigen Krieges hängt eng mit französischen Interessen zusammen. Der französische Militäreinsatz ist auch eine Folge französischer Politik. Dabei geht es, wie meist in solchen Einsätzen, um handfeste wirtschaftliche Interessen einer ehemaligen Kolonialmacht und um die Stabilisierung des angeschlagenen französischen Präsidenten Hollande.

Zur Zeit ist nicht absehbar, wohin der Konflikt führen wird. Er findet, ähnlich wie in Afghanistan, in unüberschaubaren geografischen Räumen statt. Sieger wird es nicht geben aber eine dauerhaft geschundene Bevölkerung, für die auch nach einem Einsatz die Unsicherheit bleibt.

Deutschland exponiert sich in einem Konflikt, der neokoloniale Züge hat, und wird viel Geld ausgeben ohne eine dauerhafte Entspannung für die Region zu gewährleisten.

Die Islamisten in aller Welt bekommen Zulauf von Menschen ohne andere Hoffnung, von Armen und Ohnmächtigen. Das politische Vakuum in Mali hat gezeigt, wie viele Menschen dort bereit sind, Wege des Friedens und der Demokratie zu gehen. Hier könnte Geld, statt in einer Militäraktion zu verschwinden, in Bildung und strukturelle Entwicklung investiert werden. So würde endlich die Hoffnung auf ein Leben ohne Not und Gewalt stabilisiert werden.