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Friedenspreisträgerin Eren Keskin wegen symbolischer Solidaritätsaktion zu langer Haftstrafe verurteilt

Am vergangenen Donnerstag wurde die türkische Menschenrechtsanwältin Eren Keskin zu 7,5 Jahren Haft verurteilt. Sie hatte sich mit der kurdischen Tageszeitung Özgür Gündem solidarisiert und als symbolische Unterstützung für einige Tage die Chefredaktion übernommen. Viele türkische Intellektuelle wurden für ähnliche Solidaritätsaktionen mit Geldbußen oder Haftstrafen belegt.

Zur Zeit ist Eren Keskin noch nicht inhaftiert. Gegen die Anwältin laufen allerdings noch 143 weitere Verfahren wegen kritischer Äußerungen zur Regierungspolitik und zum Einfluss des türkischen Militärs sowie wegen verschiedener Veröffentlichungen und Vorträge zu Menschenrechtsfragen und Politik gegenüber den Kurdinnen und Kurden. Aktuell wird ihr, wie vielen anderen Menschenrechtler*innen und Journalist*innen, „Propaganda für eine terroristische Organisation“ und „Beleidigung des Türkentums“ vorgeworfen.

Im Jahr 2004 wurde Eren Keskin für ihre Menschenrechtsarbeit mit dem Aachener Friedenspreis geehrt. Für ihr Engagement erhielt sie auch weitere Preise. „Uns ist es sehr wichtig, nicht nur Eren Keskins Arbeit zu würdigen sondern sie nun auch im Angesicht von wiederholten Repressionen zu unterstützen“, sagt Lea Heuser, Pressesprecherin des Aachener Friedenspreis e.V. „Die Unverhältnismäßigkeit und Willkür der türkischen Justiz unter Erdogan bringt unglaubliche Ungerechtigkeiten hervor, deutlich sichtbar auch immer wieder an den Anklagen gegen unsere Preisträger*innen von 2016, die Wissenschaftler*innen für den Frieden“.

Mit öffentlichen Äußerungen zur türkischen Politik in Menschenrechtsbelangen und zum innerstaatlichen Frieden sowie ihrem besonderen Engagement für verfolgte Frauen hatte Eren Keskin sich bereits vor 2004 starken Gefährdungen ausgesetzt. Auch als Mitglied und zeitweise Vorsitzende des IHD Istanbul (Menschenrechtsverein der Türkei) wurde sie vielfach angeklagt. Aktuell leitet sie mit Öztürk Türkdogan den IHD Ankara.

Als Rechtsanwältin vertrat sie vorwiegend Opfer von Menschenrechtsverletzungen. 1997 gründete Eren Keskin zusammen mit anderen Rechtsanwältinnen das Projekt „Rechtliche Hilfe für Frauen, die von staatlichen Sicherheitskräften vergewaltigt oder auf andere Weise sexuell mißhandelt wurden“. Dieses Projekt leistete betroffenen Frauen kostenlosen Rechtsbeistand und unterstützte sie in ihren Klageverfahren gegen die Täter.

Der Aachener Friedenspreis wird seit 1988 jedes Jahr an Initiativen oder Einzelpersonen verliehen, die sich von unten für Frieden und Dialog zwischen Konfliktparteien einsetzen. Wer den mit jeweils 2.000 Euro dotierten Preis erhält,  entscheidet die Mitgliederversammlung des Vereins. Vorschläge kann aber jeder interessierte Mensch einbringen, egal ob Vereinsmitglied und egal ob aus Aachen oder nicht.