NRW-Landesregierung offenbart erschreckende Gleichgültigkeit gegenüber Rüstungsforschung
Der Aachener Friedenspreis e.V. kritisiert scharf den Entwurf des neuen Hochschulgesetzes für das Land NRW, welcher am Dienstag vom Kabinett beschlossen wurde. Der Gesetzesentwurf verabschiedet sich von zahlreichen Vorgaben durch das Land, was den Hochschulen mehr Eigenverantwortung geben soll – u.a. im Bereich der militärischen Forschung.
Erst 2014 hatte Rot-Grün eine Zivilklausel im Hochschulgesetz verankert, die die 37 Universitäten und Fachhochschulen in NRW zu ausschließlich ziviler und dem Frieden dienender Forschung verpflichtete. Dies war offensichtlich notwendig: Allein an der RWTH Aachen hatte es in den vergangenen Jahren zahlreiche Fälle von Rüstungsforschung beispielsweise im Auftrag des Pentagons gegeben. Noch 2017 hatte die RWTH, angeblich aus Versehen, eine Machbarkeitsstudie für eine Panzerfabrik in der Türkei erstellt und musste sich in der Folge für diesen Verstoß rechtfertigen. Die Verpflichtung, auf derartige Militär- und Rüstungsforschung zu verzichten, soll nach dem Willen der schwarz-gelben Landesregierung nun „ersatzlos wegfallen“, wie die parteilose Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen am Dienstag ankündigte. 2019 soll der Landtag das Gesetz verabschieden.
Lea Heuser, Pressesprecherin des Aachener Friedenspreis e.V. ist hierüber empört: „Die Präambel unserer Landesverfassung enthält ganz klar die Verpflichtung, dem inneren und äußeren Frieden sowie der Freiheit zu dienen. Mit der Streichung der Zivilklausel entzieht die Regierung sich fahrlässig dieser Verantwortung“. Schon am 14.11.2017 hatte der Verein hierzu einen Offenen Brief an Ministerin Pfeiffer-Poensgen geschrieben, nachdem diese eine Abschaffung der Zivilklausel gefordert hatte.
Von den Hochschulen zu erwarten, eigenverantwortlich auf Rüstungsforschung zu verzichten, hält Heuser für blauäugig. „Die Wissenschaft ist mehr denn je abhängig von Drittmitteln aus der Wirtschaft und gerade die Rüstungsindustrie ist eine finanzstarke Auftraggeberin“. Zudem seien derartige Projekte auf den ersten Blick technisch häufig sehr reizvoll, was ethische Bedenken viel zu oft in den Hintergrund treten lasse. An der RWTH Aachen sprachen sich sowohl der frühere Rektor Prof. Schmachtenberg als auch der heutige Rektor Prof. Rüdiger wiederholt ausdrücklich gegen eine Zivilklausel aus. Das hier aus freien Stücken ganz bewusst keine Militärforschung stattfinden wird, kann sich RWTH-Absolventin Heuser daher nicht vorstellen.
Der Aachener Friedenspreis e.V. will nicht, dass Hochschulen die Kriegsfronten der Welt mit Wissen und Material beliefern. „Hochschulen sollen Orte der Neugier, der Freiheit und der Entfaltung von Wissen sein, nicht Orte einer unethischen Wissenschaft, die zahllose Menschenleben auf dem Gewissen hat“ sagt Heuser. Der Verein hofft daher auf die Vernunft der Landtagsabgeordneten, die im kommenden Jahr über das neue Hochschulgesetz beraten werden. „Wir rufen die MdL dringend dazu auf, den vorgeschlagenen Entwurf abzulehnen. Die Politik darf sich hier nicht einfach aus der Verantwortung stehlen“, erklärt Heuser abschließend.