Skip to main content

PRO ASYL und Heiko Kauffmann

Foto: arbeiterfotografie
Heiko Kauffmann (Foto: arbeiterfotografie)

Heiko Kauffmann und Pro Asyl

Alljährlich fliehen mehr als 22.000.000 Menschen. Sie sind auf der Flucht vor Bürgerkriegen in ihrer Heimat, vor zwischenstaatlicher Gewalt, ethnischer Verfolgung, Folter und Tod. 1.200.000 Menschen stellen irgendwo auf der Welt einen Asylantrag. In der Bundesrepublik Deutschland waren es im vergangenen Jahr gerade einmal 78.760 Menschen. Das sind 6.6% aller Asylsuchenden! Bezogen auf die deutsche Bevölkerung von 80.000.000 waren es lediglich 0.098%.

Das westliche Europa ist inzwischen zur Wagenburg ausgebaut. Weit außerhalb ihrer Grenzen werden Flüchtlinge und Asylsuchende mit fast allen Mitteln abgefangen und durch diese Drittstaaten wieder in ihre Heimatländer abgeschoben. Dabei wird auch der Tod von Menschen in Kauf genommen.

In der Bundesrepublik selbst wurde das Grundrecht auf Asyl durch die Änderung des Artikel 16 GG 1993 drastisch eingeschränkt. Abschiebehaft wurde selbst gegen Kleinkinder verhängt, Flüchtlinge töten sich aus Angst vor der Abschiebung in der Gefängniszelle. Flughafenregelung, Abschiebehaft, Residenzpflicht (d. b. bei Strafe den Wohnort nicht verlassen zu dürfen!) und Asylbewerberleistungsgesetz sind Stichworte einer gnadenlosen Asylpraxis geworden. Die neuerliche öffentliche Diskussion der PolitikerInnen in unserem Land um die Quotierung von Zuwanderung und die Forderung nach einer weiteren Restriktion des Asylrechts ist vor diesem Hintergrund beschämend und heuchlerisch. Sie ist aber auch gleichzeitig wesentliche Ursache des wachsenden Rechtsradikalismus und der Fremdenfeindlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland.

Unsere Gesellschaft benötigt daher notwendiger denn je Organisationen wie PRO ASYL. Diese ist nicht nur der Spiegel, in dem wir das Menschen verachtende und gnadenlose Verhalten staatlicher Institutionen gegenüber flüchtenden, notleidenden und hilfesuchenden Menschen reflektieren können, sie belässt es nicht nur dabei, mahnend ihre Stimme zu erheben, sondern sie versucht auch mit ihrer täglichen Arbeit den geschilderten Tendenzen mit konkreter Hilfe entgegenzuwirken. Unermüdlich tritt sie für den Schutz der Flüchtlinge und Asylsuchenden ein.

Seit der Gründung veranstaltet PRO ASYL in der Woche der ausländischen Mitbürger einen Flüchtlingstag. Dafür werden Materialien erstellt, die jedes Jahr mit den Plakaten und Heften für die Interkulturelle Woche an Kirchengemeinden, Wohlfahrtsorganisationen, Gewerkschaften, Kommunen und Bürgerinitiativen verschickt werden. Hunderte Veranstaltungen finden inzwischen jährlich zum Flüchtlingstag statt.

Ein weiterer Schwerpunkt wurde die Erarbeitung von Stellungnahmen zu Asylfragen. Das Konzept ist, die Stellungnahmen über die großen Verbände zu verbreiten. Sie wurden und werden teilweise gemeinsam mit dem DGB, Menschenrechtsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden oder kirchlichen Stellen herausgebracht. Die Herausgabe von Schriftenmaterial wird begleitet durch eine intensive Öffentlichkeitsarbeit. Schließlich wurde der Aufbau von regionalen und kommunalen Flüchtlingsräten gefördert, seit 1990 auch in den neuen Bundesländern. Heute gibt es in allen Bundesländern Flüchtlingsräte bzw. Initiativen, die bei PRO ASYL  mitarbeiten und konzeptionell wie finanziell unterstützt werden.

PRO ASYL ist ein eingetragener Verein, der heute etwa 10.000 Mitglieder, Unterstützer und Förderer zählt. Er wurde am 8. September 1986 gegründet. Günter Burkhardt wurde gebeten, die Geschäftsführung wahrzunehmen. Victor Pfaff (federführend), Wolfgang Grenz und Herbert Leuninger übernahmen die Aufgaben eines Sprecherrates. Jürgen Micksch nahm das Amt des Leiters bei den Sitzungen des Flüchtlingsrates wahr. Als Nachfolger von Herbert Leuninger wurde im Herbst 1994 Heiko Kauffmann als Sprecher gewählt.

Heiko Kauffmann, in Berchtesgaden geboren, studierte in Marburg Sozialwissenschaften, Psychologie und Pädagogik und schloss sein Studium mit einer Arbeit über Gewalt und Überwindung von Gewalt als Diplom-Pädagoge ab. Bereits während seiner Studentenzeit engagierte er sich bei amnesty international auf dem Gebiet der Flüchtlingsarbeit. Er wurde Mitglied des Bundesvorstandes. Heiko Kauffmann stieß damals die Diskussion der präventiven Menschenrechtsarbeit bei amnesty international an, die sich später auch durchsetzte. Daneben war er auch in der Friedensbewegung aktiv.

Von 1979 bis 1994 war Kauffmann hauptamtlicher Mitarbeiter bei terres des hommes. Unter dem Eindruck der ersten Übergriffe gegen Flüchtlingswohnheime war es seine Aufgabe, die Inlandsarbeit der Organisation aufzubauen.

Er ist maßgeblich an der Gründung von PRO ASYL beteiligt. Er nahm auch die Aufgabe des ständigen Mitglieds im Sprecherrat von PRO ASYL für terres des hommes wahr. Als eines seiner wichtigsten Ziele, verfolgt Heiko Kauffmann die Vernetzung von möglichst vielen Organisationen und Initiativen, um eigenständige unabhängige Arbeit für Frieden, Flüchtlinge und Asylsuchende zu verstärken und eine unabhängige Kraft in unserer Gesellschaft aufzubauen.

Mit seinem persönlichen unermüdlichen Einsatz für die ärmsten Menschen gegen viele Widerstände, gibt er ein herausragendes Beispiel für Frieden und Völkerverständigung. Er macht damit jenen Mut, die wie er versuchen, mit ihrer täglichen Flüchtlingsarbeit zu helfen.

Heiko Kauffmann und PRO ASYL gehören zu den unbeirrbaren Mahnern, zu jenen, die neue und stabile europäische Schutzstandards für Asylsuchende fordern. Dieses Engagement wollen wir mit der Verleihung des Aachener Friedenspreises besonders hervorheben, stärken und unterstützen. Nur durch eine breite öffentliche Debatte für Menschen in Not können wir ein Menschen würdiges Asylrecht zurückgewinnen.

dankrede_Kauffmann_02

begründungsrede_01_09